Späte ErnteDer Tod hockte auf dem Rücksitz und beobachtete Luisas Freude: Kleine rosa Perlen, die in ihrem Herz umhertollten. Sie sang lauthals zur Musik aus dem Radio. Ihr Freund fuhr im Takt Schlangenlinien, bis Luisa lachend gegen ihn plumste. Mit geschlossenen Augen drückte sie ihm einen Kuss halb auf die Wange, halb auf die Lippen. Der Felsbrocken lag direkt hinter einer Kurve. Beim Versuch auszuweichen, glitt das Auto von der Fahrbahn und überschlug sich. Hoch aufgerichtet wartete der Tod, bereit zuzuschlagen. Gerade, als er die Sense niedersausen lassen wollte, öffnete Luisa die Augen und schaute ihn lächelnd an. Gebannt starrte er in ihr Gesicht, das sich nun vor Schmerz verzerrte. Nein - Er konnte Luisa nicht mitnehmen. *
Weißes Leinen bedeckte ihren Körper. Blasse Wangen, blutleere Lippen. Es war das erste Mal, dass Laetitius einen Menschen genauer betrachtete. Regungslos lag sie da. Als sie die Augen aufschlug, zuckte sie zusammen. *
Er brauchte Ruhe. Ein Bad in seinen Kraftquellen würde ihm gut tun. Über dem wabernden Nebelsee lag ein blauer Schimmer. Aber Laetitius konnte sich nicht darin auflösen.
Juli 2006
Liebe Leserin, lieber Leser, diese Geschichte gehört zu den Siegergeschichten des Schreib-Lust-Wettbewerbs. Im Juli 2006 behandelten wir das Thema "Stalking". Die Geschichte erschien in Ausgabe 6 der Literaturzeitschrift Schreib-Lust Print. Ich bitte Sie um Verständnis, dass ich der Zeitschrift nicht Konkurrenz machen möchte, indem ich die Geschichte hier komplett veröffentliche. Freunden schicke ich sie gerne zu. Vielen Dank! Barbara Seyfarth
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